geboren 21.9.1914 in Rathenow
gestorben 8.8.2013 in Salvador de Bahia, Brasilien
historische Wohnadresse Mühlenstraße 4
Stolperstein Mühlenstraße 4
Verlegedatum 3.12.2019
Gerda Brandt kam am 21. September 1914 in Rathenow zur Welt. Nach der verstorbenen Großmutter mütterlicherseits trug sie den zweiten Vornamen Philippine. Im Jahr 1920 zogen ihre Eltern Eugen und Rosa Brandt nach Fürstenwalde, wo sie in der Mühlenstraße 4 einen Kurzwarenladen betrieben. Gerda hatte zwei Brüder, den ein Jahr älteren Rudolph und den neun Jahre jüngeren Werner. Vater Eugen Brandt war ein aktives Mitglied der jüdischen Gemeinde. Während der Novemberpogrome 1938 wurde er verhaftet und im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert.
Die nationalsozialistische Bedrohung zwang Gerda zur Flucht aus Deutschland. Ihr Reisepass datiert auf den 16. Dezember 1938 – zwei Tage nach der Entlassung ihres Vaters aus Sachsenhausen. Im Januar 1939 stieg Gerda auf das Schiff „General San Martin“ und am 23. Februar 1939 kam sie im Hafen Porto des Santos in Brasilien an. Ihre Eltern zogen zu diesem Zeitpunkt nach Berlin, wo auch ihr Bruder Werner zu diesem Zeitpunkt lebte. Von Berlin aus wurde das Ehepaar Brandt am 12. Januar 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. Werner teilte ihr Schicksal am 26. Februar 1943.
Am 12. Mai 1941 heiratete Gerda Brandt in Brasilien Sérgio José de Villemor Amaral. Mit ihm zog sie nach Rio de Janeiro, wo sie bis zum Tod ihres Mannes im Jahr 1978 mit ihren zwei Kindern Wanda und Alfredo lebte. Als sich ihre Tochter von ihrem ersten Ehemann getrennt hatte, zog Gerda zudem ihren fünfjährigen Enkel Guilherme zusammen mit ihrem Sohn Alfredo auf. Ihren Lebensunterhalt verdiente Gerda als Deutschlehrerin und Haushaltshilfe. Ihr Mann Sérgio José arbeitete an der Börse.
Nach den Worten ihres Enkels war Gerda trotz ihres Fluchttraumas eine sehr herzliche und positive Person, die viel Freude aus dem Leben gewinnen konnte. Sie sprach selten über ihre Flucht und über den Schicksal ihrer Familie, auch verschwieg sie ihre jüdischen Wurzeln. Dafür teilte sie mit ihren Kindern und Enkeln viele ihrer schönen Erinnerungen aus ihrer Kindheit in Fürstenwalde vor der Machtübernahme der Nazis.
Im Jahr 1969 besuchte Gerda zum ersten Mal Deutschland. Die Reise führte sie auch nach Frankreich, wo in Toulouse ihr älterer Bruder Rudolph – Rudy – lebte. Nach Fürstenwalde und Rathenow konnte Gerda erst im Jahr 1993, nach der Wiedervereinigung Deutschlands, reisen. Gerda Villemor Amaral Brandt starb am 8. August 2013 in Salvador de Bahia im Kreise ihrer Familie.
Familienmitglieder:
Eugen Brandt
Rosa Brandt née Hoffmann
Rudolph Brandt
Werner Brandt