Ende August 1942 flogen die Widerstandsgruppen der „Roten Kapelle“ auf. Die Gestapo verhaftete die Mitglieder nacheinander in der Zeit vom 31. August bis zum 16. September. Über 60 von ihnen wurden ab dem 22. Dezember im Gefängnis Berlin-Plötzensee hingerichtet, darunter der Fürstenwalder Richard Weißensteiner.
Die Widerstandsgruppen um Arvid Harnack, Harro Schulze-Boysen und Hans Coppi gehörten zu den wichtigsten im „Dritten Reich” und zählten etwa 150 Mitglieder – sowohl Männer als auch Frauen – aus unterschiedlichen politischen und sozialen Kreisen. Hilfe für die durch das nationalsozialistische Regime Verfolgten, Sammeln und Verbreiten von Informationen über die Verbrechen des Systems, Verteilung von Flugblättern und Kontaktaufnahme mit Widerstandsgruppen im Ausland standen im Vordergrund ihres Wirkens.
Der Name „Rote Kapelle“ geht auf die Gestapo zurück. Die Widerstandskämpfer*innen arbeiteten faktisch zum größten Teil in kleinen, voneinander unabhängigen Gruppen. Die Operation der Gestapo zielte aber auf einzelne „Musiker*innen“, die angeblich durch ein kommunistisch-bolschewistisches Netzwerk miteinander in Verbindung standen und die gemeinsam in der „Roten Kapelle“ spielten.
Die Legende von einer durch die Sowjetunion gesteuerten Spionageorganisation wurde in der DDR weiter tradiert und für politische Zwecke instrumentalisiert. Die von der Gestapo ausgedachte Bezeichnung einer „bolschewistischen Hoch- und Landesverratsorganisation im Reich und in Westeuropa“ führte wiederum in Westdeutschland zu Vorurteilen und zur Diffamierung der Widerstandskämpfer*innen. Diese Haltung wurde bis zur Friedlichen Revolution 1989 öffentlich vertreten. Die Instrumentalisierung in West und Ost trug dazu bei, dass die Mitglieder der „Roten Kapelle“ lange Jahre nicht die ihnen gebührende Wertschätzung erfuhren.
Richard Weißensteiner, der mehrere Jahre in Fürstenwalde lebte, und seine Frau Johanna (Hanni) waren seit 1939 Mitglieder der „Roten Kapelle“. Im September 1942 versteckten sie Albert Hößler, einen aus Moskau eingereisten Verbindungsmann. Nach der Dechiffrierung eines Funkspruches von Moskau nach Brüssel war die Gestapo im Besitz der Namen und Adressen von Harro Schulze-Boysen und Adam Kuckhoff. Daraufhin begann am 31. August die Verhaftungswelle von über 100 Menschen, die mit dem Netzwerk in Verbindung gebracht wurden.
Am 16. September 1942 fielen auch Johanna und Richard Weißensteiner in Berlin in die Hände der Gestapo. Hanni wurde dank der Intervention ihres Vaters im Dezember 1943 entlassen. Richard, zum Tode verurteilt, wurde am 13. Mai 1943 in Berlin-Plötzensee durch das Fallbeil hingerichtet. Hanni engagierte sich nach dem Krieg stark für die Friedensbewegung und die Gleichberechtigung. Sie war auch aktives Mitglied der KPD. 1969 wähle sie den Freitod.
In der heutigen Fürstenwalder Otto-Nuschke-Straße 16 erinnert seit 2006 ein Stolperstein an das Leben von Richard Weißensteiner.
Bis zum 4. Dezember 2022 ist in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin-Mitte die Ausstellung Stefan Roloff: Zeitzeugnisse – Überlebende der Roten Kapelle sprechen zu sehen.